HANNES RIBARITS   
Tools and Ghosts

 6. - 12. September 2014



Tools and Ghosts.
Zu den Malerei-Collagen von Hannes Ribarits.
Hannes Ribarits’ jüngere Praxis führt Malerei, Photoshop-Grafik, Collage und Installation zu einer Werkgruppe zusammen, die sich zunächst wie ein Baukasten für den ‚kreativen Akt’ ausnimmt. Einer bekannten Formel zufolge besteht dieser aus einem Mischverhältnis von Transpiration und Inspiration, wobei die Transpiration hier weniger auf besonderen Fleiß schließen lässt, als auf eine handwerksbetonte Form des Arbeitens: Tools and Fluid ist der Titel einer Collage, Tools and Ghosts der einer weiteren.
In derlei Überschriften subsumiert Hannes Ribarits sein künstlerisches Material, bei dem es sich ganz klassisch um Acrylfarbe handeln kann, um Sprayfarbe und Druckertinte („Fluid“), aber genauso um diverse Symbole oder Ikonen wie Ronald Reagan und Margaret Thatcher („Ghosts“). Zu seinen „Tools“ zählt Ribarits unter anderem Laptop, Printer und Schere sowie einen Hammer, der zwar als Werkzeug nicht sichtlich Gebrauch fand, dafür als Computergrafik in einem Bild auftaucht. Dies sind nur einige Elemente einer Malereipraxis, die die post-fordistische Unterscheidung zwischen manueller Arbeit am Material und kognitiver Arbeit an Symbolen hinter sich lässt, indem sie sich als betont manuelle und handwerkliche Bearbeitung von Symbolen ausweist.
Das kann so weit gehen, dass die Materialien und Symbole ihre jeweilige Funktion tauschen: Das benannte „Fluid“ ist nicht nur die präzis auf die Collagen geschüttete, materielle Acrylfarbe; in Form digital gerenderter Blutstropfen, die auf unheilvolle Weise isoliert im Bildraum einiger Prints schweben, wird es zum Symbol und Geist einer Epoche, in der neben Thatcher und Reagan AIDS regierte. Umgekehrt kann sich dieser Geist in unterschiedlicher Gestalt materialisieren: in Form von Golfbällen, Flatscreens und Officedesks, oder als konkrete Personen wie Reagan und Thatcher eben, deren Büste Ribarits in einem Print digital bildhauerisch zur Sphinxfigur geformt hat.
Bei all den Figuren und Geistern, die Hannes Ribarits’ Arbeiten bevölkern, sind die Malerei- Collagen weder figurativ noch narrativ. Die Übergänge vom Material zum Immateriellen folgen keiner Erzähllogik, sondern ereignen sich als Verwandlungen, als Special Effects. Ribarits, der nicht nur in der Ära von Reagan und Thatcher und deren Nachhall aufgewachsen ist, sondern auch durch die frühen Computerrollenspiele und großen Hollywood Blockbuster mit ihren Sequels sozialisiert wurde, bezieht seine Bildsprache wesentlich aus deren Ästhetiken. So sind Portale, Löcher im Raum und in der Zeit sowie Zeitmaschinen wiederkehrende Leitmotive, die es erlauben, zwischen materiellen und immateriellen, realen und virtuellen Ebenen beliebig zu switchen. Sie sind selbst Werkzeuge, deren symbolische Funktion es ist, die Möglichkeit einer Flucht in Aussicht zu stellen: der Flucht vor den Geistern des Neoliberalismus, und vor viraler Ansteckung.
Es ist nicht zuletzt diese Loslösung von den Geistern der eigenen Sozialisation, die für Hannes Ribarits’ Arbeitspraxis impulsgebend ist. In den Farbschüttungen, linkischen Tags und unsauber zugeschnittenen Computergrafiken inszeniert er einen kreativen Akt, der schmutzig ist und etwas tollpatschig, und der bewusst mit jener neoliberalen Virtuosität kontrastiert, die die Börsenhaie und anderen ‚Republican Party Animals’ in seinen Collagen
vermeintlich an den Tag legen. Die Loslösung gelingt Ribarits dort, wo die Arbeiten eine Slacker-Mentalität und unproduktive Kreativität heraufbeschwören, wie sie die Videospiele der 1980er und 90er beförderten. Deren Player vergeuden Zeit, und sie formen am Computer konsequenzlose Welten, deren Utopie oder Dystopie nur als Special Effect existiert. Es ist diese transpirationsfreie Zone, die Hannes Ribarits als Inspiration dient.
Kathi Hofer, 2013.


Hannes Ribarits, Enter (Exit), 2014

Hannes Ribarits, Like Golf, 2014
Hannes Ribarits, Like Golf (detail), 2014


Hannes Ribarits, What really happened, 2014



©Fotos: Hannes Ribarits